»Mit dem einen Auge schaute er als Ritter neugierig auf die Welt, mit dem anderen sah er nach innen. ... ein genialer Dichter und Komponist ...«
(Maren Gottschalk im WDR-ZEITZEICHEN vom 2.8.2020 zu Oswalds 575. Todestag – Link zum MP3)
»... der prominenteste Vertreter der spätmittelalterlichen Lyrik.«
(Marquardt, Tristan; Wagner, Jan (Hrsg.): Unmögliche Liebe, 2017)
»Oswald
[gilt] heute als der bedeutendste Lyriker des deutschsprachigen Mittelalters
neben Walther von der Vogelweide.«
Prof. Dr. Ulrich Müller (Mitbegründer der Oswald von Wolkenstein-Gesellschaft, Erster Vorsitzender 1980 – 2007 und Ehrenvorsitzender, † 14.10.2012, Nachruf)
»DER Singer-Songwriter des späten Mittelalters«
Lena Ganschow in »Das Mittelalter im Südwesten (2/2): Konstanz – Stadt des Konzils«, SWR 2014 (Sendung SWR 25.1.2015, PHOENIX 16./17.05.2015)
Letzte Aktualisierung: 1. März 2023
Am 1. März 1416, vor 607 Jahren, zieht König Siegmund in Paris ein. Oswald wird von Königin Isabeau von Frankreich geehrt (»Frau Elst«; Isabeau de Bavière, Elisabeth von Bayern-Ingolstadt, 1370-1435, Gemahlin des französischen Königs Karl VI., 1368-1422).
ab
hier chronologisch: vom 21. zurück bis ins 15. Jahrhundert
»Mit dem einen Auge schaute er als Ritter neugierig auf die Welt, mit dem anderen sah er nach innen. Oswald von Wolkenstein war ein Grübler, der nach Worten rang, um seine Gedanken und Gefühle kunstvoll auszudrücken. [...] Und so farbig wie sein Empfinden sind die Texte: komisch, kraftvoll und erotisch, aber auch sehnsüchtig und manchmal abgrundtief traurig. [...] Mit Leichtigkeit schlagen Oswald von Wolkensteins Lieder eine Brücke in die Gegenwart, weil er besonders die Momente zu fassen vermochte, in denen der Mensch allein ist.«
Maren Gottschalk im WDR-ZEITZEICHEN vom 2.8.2020 zu Oswalds 575. Todestag – Link zum MP3
»Als Literaturwissenschaftlerin sehe ich natürlich zuerst das Bild eines höchst sensiblen Dichters
vor mir, und zwar weil er es verstand, das Innenleben, die Gefühlswelten des Menschen in den innersten Regungen auszuleuchten und mittels subtilster Beobachtungen anschaulich darzustellen. Die Fokussierung auf seine persönlichen Erfahrungen, die stellte er in den Mittelpunkt sehr vieler Lieder, und das ist ein Alleinstellungsmerkmal in der Lyrik um 1400 bis 1440. Von der Sprachkunst übertrifft er alle anderen Lyriker, weil er eine Sprache sinnlicher Wahrnehmung schafft, deshalb wirken sie bis heute lebendig.«
Prof.
Dr. Sieglinde Hartmann, 2007 – 2018 Vorsitzende der Oswald von Wolkenstein-Gesellschaft, im WDR-ZEITZEICHEN vom 2.8.2020 zu Oswalds 575. Todestag – Link zum MP3
»Durch seine Qualitäten als Dichter, als ›Performer‹ und als einer der ersten, der Mehrstimmigkeit umfangreich auf deutsche Texte einsetzte, wirkt er heute und im Rückblick wie ein Neuerer, wie eine zukunftsweisende Schlüsselfigur in der Kulturgeschichte. Sein Einfluss auf die großen Strömungen war aber vergleichsweise gering. Wir finden nur wenige Lieder außerhalb seiner eigenen, persönlichen Sammlungen und wenn, dann meist ohne Autorzuschreibung. Es war sicher auch dem ›Insider‹-Charakter vieler seiner Lieder geschuldet, dass sie keine wirklich große Verbreitung fanden – sie waren zu individuell, zu persönlich, zu speziell auf bestimmte Ereignisse und Kreise ausgerichtet. [...] Oswald mag in seinen Liedern übertrieben und mit künstlerischer Freiheit überzeichnet haben, völlig frei erfunden hat er aber weder seine Erlebnisse noch seine Fertigkeiten.«
Marc Lewon Juli 2017 in »Jenseits der Hierarchie. Oswald von Wolkenstein als adliger Musiker am Konstanzer Konzil« in Morent et. al. (Hrsg.): Europäische Musikkultur im Kontext des Konstanzer Konzils, Ostfildern 2017: 131-147
»Die letzte Pointe des Minnesangs setzt der Südtiroler Dichter Oswald von Wolkenstein ... [...] Es sind die letzten wirkungsvollen Reflexe einer höfischen Kultur, die zu dieser Zeit längst nicht mehr zentraler Ort der Literaturproduktion ist.«
Tristan Marquardt in der Einführung zu Marquardt/Wagner (Hrsg.): Unmögliche Liebe, 2017
»Die schillernde Persönlichkeit dieses Südtiroler Ritters, Diplomaten und Vertrauten des Kaisers, der gewissermaßen nur im Nebenberuf Sänger und Dichter war, hat seit der Wiederentdeckung mittelalterlicher Musik für den Konzertbetrieb die Interpreten wie kaum ein anderer inspiriert.«
Marc Lewon 2016 in seiner Einführung zu »Oswald von Wolkenstein. Songs of Myself. Eine Anthologie von Oswald-Liedern«
»Er war ein unglaublich sensibler Künstler und zugleich ein Berserker, ein Raubritter. [...] Er hat alles gemacht, was man zu seiner Zeit tun konnte, und hat das beschrieben.«
Wolfgang Herles im Interview »Künstler und Berserker« in »DAMALS – Das Magazin für Geschichte« 10/2016
»... als geniales Unikum ein ›ritterlicher‹ Lieddichter, -komponist und -sänger ... Angehöriger des Tiroler Adels, homo politicus, Diplomat, Fürstendiener, Rechtssachverständiger und ›ritterlicher‹ Krieger ... in den dichterischen Themen und Formen einerseits noch dem Mittelalter verhaftet, andererseits angesichts des Inhalts seiner Lieder zukunftsweisenden Charakters«
Jane Hübinger in »Zur Motivation Oswalds von Wolkenstein für die Besorgung seiner Werküberlieferung«, Studienarbeit 2015
»So raubeinig und bodenständig Oswald im ersten Moment scheint, so geistreich und künstlerisch kreativ ist er als Dichter, Komponist und Musiker.«
»The Cosmopolitan« – Richard Lorber im Kommentar zu einer Konzertaufnahme mit dem Ensemble Leones – 04.06.2015, WDR3
»Er ist schon ein rechter Haudegen, der Tiroler Oswald von Wolkenstein: Fahrender Ritter und bäuerlicher Edelmann, Politiker und Diplomat. Ein sperriger, selbstbewusster, fast barock-pompöser Mensch in seiner zerfallenden spätmittelalterlichen Welt. Für ihn gelten noch immer feudale Gesetze. [...] Auf der anderen Seite ist er ein Dichter, Komponist und Sänger. Er schaut sich seine Welt recht genau an, er beschreibt seine Reisen, auf denen er Fremdes und Seltsames kennenlernt, auf denen ihm manch Unbill geschieht. Er schreibt Liebeslieder, aber nicht mehr an eine unerreichbare Minneherrin, sondern an seine eigene Ehefrau Margarethe von Schwangau, die Gret’, die er zärtlich-derb umwirbt. Er blickt auf sein Leben zurück und gibt am Ende kleinmütig zu: ›Ich Wolkenstein leb sicher klein vernünftiglich‹. Und er sammelt seine eigenen Lieder und lässt sie in zwei Handschriften zusammenstellen. Manchmal nennt man ihn den ›letzten Minnesänger‹, doch damit trifft man nur eine der vielen Facetten von Oswald von Wolkensteins Dicht- und Musizierkunst.«
Bettina Winkler, 30.09.2014, in der Sendung »SWR2 Musikstunde«: Herbst des Mittelalters (2) –
Oswald von Wolkenstein – der letzte Minnesänger.
Ein Ritter als Selbstdarsteller und Dichter«
»Oswald von Wolkenstein: Politiker, Diplomat, Burgbesitzer, Ritter des Reichs und Lebemann ... das waren seine ›Hauptberufe‹, die ihn um fast den gesamten damals bekannten Erdkreis führten. Heute ist er vor allem für sein wichtigstes ›Hobby‹ berühmt, das er meisterhaft beherrschte: Er war Dichter, Musiker und Komponist, beherrschte neben dem Gesang diverse Instrumente und vermutlich an die zehn Sprachen. Von kaum einem Dichter-Komponisten des Mittelalters ist uns ein solch vielfältiges Repertoire überliefert [...]«
Marc Lewon, März 2014, zur CD »The Cosmopolitan – Songs by Oswald von Wolkenstein«
»... Nachdichtung mittelalterlicher Texte, d. h. einer Übertragung des Inhalts ins moderne Deutsch bei Beibehaltung von Versmaß, Reim und Strophenbau. Dies ist eine ganz schwierige Angelegenheit: Der ›Übersetzer‹ muss selbst ein Dichter sein, sonst wirkt das ganze ungewollt komisch. Selbst auf der Höhe aller stilistischen Mittel und sprachlichen Feinheiten entsteht eine Interpretation des eigentlichen Werkes, kein Abbild. Trotzdem – und das ist das Paradoxe – ist der Vortrag in einer gelungenen Nachdichtung ja ›authentischer‹ als ein Vortrag in Originalsprache, die uns oft mehr durch ihren fremdartigen ›Sound‹ bezaubert als durch den Inhalt: Schließlich haben die damaligen Zuhörer auch ihre Alltagssprache gehört, so konnte die Aussage direkt in Herz und Hirn gehen und Text-Musik-Bezüge sich spontan entfalten. Dies ist besonders bei Oswald ein Plus, denn der Mann hat nicht nur etwas zu singen und zu sagen, sondern bedient sich dabei auch raffinierter stilistisch-sprachlicher Mittel, die fast schon modern zu nennen sind – bis hin zu eigenen Wortschöpfungen, der Mischung verschiedener Sprachen und Dialekte und Überlagerungen mehrerer Texte, wobei wieder etwas Neues entsteht. Ganz zu schweigen vom direkten Zugriff auf Alltagsmissgeschicke und Erotik.«
(Dr. Lothar Jahn in einer Buchkritik zu »Wie eine Feder leicht. Oswald von Wolkenstein – Lieder und Nachdichtungen« von Hans Moser, Innsbruck 2012)
»[...] ... Oswald war sich seines Wertes als Dichter und Musiker wohl bewusst. Er ist ein großartiger Solo, fähig, die Tradition seiner Zeit einzigartig zu interpretieren und dabei schwer nachahmbar ... Seine sprachliche Vielfältigkeit, sein politischer Rang und die internationale Dimension seines Lebens spiegeln sich in seinem Werk wieder ... [...] ... einer der wichtigsten Exponenten der Lyrik in der Zeit zwischen dem Ende des Mittelalters und dem Beginn der Neuzeit. [...]«
Patrizia Mazzadi: »Oswald von Wolkenstein übersetzen: Fragestellungen, Problematiken und mögliche Lösungen«
in: Bennewitz, Ingrid; Brunner, Horst: Oswald von Wolkenstein im Kontext der Liedkunst seiner Zeit
Jahrbuch der Oswald von Wolkenstein-Gesellschaft 19 (2012/2013),
Wiesbaden 2013
»Wir kennen ihn als einen selbstbewussten, durchsetzungsfähigen Mann, sensiblen Poeten, genialen Komponisten und geschickten Diplomaten.«
Barbara Stühlmeyer in Karfunkel Nr. 98, Feb. 2012
»Oswald von Wolkenstein ist als Ritter, Dichter und Sänger eine Persönlichkeit von wahrhaft europäischem Rang, ja von Weltformat.«
Prof.
Dr. Sieglinde Hartmann 2011 in »Oswald von Wolkenstein«, S. 130
»Welchen Anteil OvW an der Komposition seiner mehrstimmigen Werke hatte, lässt sich letztlich nicht feststellen. [...] Dass Oswald Mehrstimmigkeit eine gesonderte Beachtung gefunden hat, hängt ferner damit zusammen, dass sie zumindest aus heutiger Sicht als Meilenstein und richtungweisend für die Musik im deutschsprachigen Raum gilt, weil sie nach den wenigen, sehr schlichten polyphonen Stücken des Mönchs von Salzburg das erste große mehrstimmige Œuvre in deutscher Sprache überhaupt darstellt und damit den Weg aus der bis dato vorherrschenden Einstimmigkeit aufzuzeigen scheint.«
Marc Lewon 2011 in »Oswald von Wolkenstein«, S. 171 + 174
»Dem größten Lieddichter des Spätmittelalters ...
als größtem Tiroler Dichter zwischen (dem Nicht-Tiroler) Walther von der Vogelweide und dem Weimarer Dichterfürsten Goethe ...
Als wortgewaltiger und sprachspielerischer Lyriker und höchst begabter Liederkomponist, dessen ein- und mehrstimmige Lieder wegen ihrer Individualität und Variationsbreite zu den bedeutendsten und markantesten Zeugnissen deutscher Liedkunst der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zählen, lebt bis heute weiter und genießt internationales Ansehen sowie uneingeschränkte Bewunderung.«
Merano Magazine, Nr. 1/2011, Meran 2011, S. 74-76
»... seine Liederhandschriften machten ihn zum bedeutendsten spätmittelalterlichen Dichterkomponisten im deutschen Sprachraum ...«
Alexander von Hohenbühel 2008 in »Trostburg. Zum Nutzen, zur Freude und zur Ehre«, S. 16
»Oswald von Wolkenstein ist der heute erfolgreichste deutschsprachige Autor des Spätmittelalters. Ein mittlerweile verbreitetes Diktum nennt ihn den ›vielleicht bedeutendsten deutschsprachigen Lyriker zwischen Walther von der Vogelweide und Goethe‹.«
Johannes Spicker 2007 in »Oswald von Wolkenstein. Die Lieder«, S. 9
»...
das Bild einer vielseitigen Künstlerpersönlichkeit ... , welche
der deutschen Liedkunst des Spätmittelalters gänzlich neue Themen
und Liedtypen erschlossen habe.
Diese Einschätzung ist inzwischen nicht mehr umstritten. So manche der jüngsten Untersuchungen legen sogar die Schlussfolgerung
nahe, dass mit Oswald von Wolkenstein einer
der genialsten Lyriker der gesamten deutschen Literaturgeschichte wieder entdeckt worden sei. [...]
Und das ist das ganz Neue an Oswalds Lyrik: seine neue Sprache sinnlicher
Wahrnehmung. [...]
Außer Zweifel steht ..., dass Oswald von Wolkenstein mit
seiner autobiographischen Lyrik ein neues Kapitel in der deutschen Literaturgeschichte
eröffnet hat. ... Bekanntlich bezeichnen germanistische Sprachhistoriker
den neuen Sprachstand als Frühneuhochdeutsch. Daher sind in der Sprache
Oswalds von Wolkenstein bereits fast alle neuhochdeutschen Lautverschiebungen
durchgeführt. Auch in dieser Hinsicht hat Oswalds neue Sprache sinnlicher
Wahrnehmung die Zeit der mittelhochdeutschen Klassik
definitiv hinter sich gelassen.
Einzig in ihren künstlerischen Darbietungsformen bleibt seine Sprachkunst
der Sangverslyrik klassischer Minnesänger noch eng verbunden. In dieser
Hinsicht musste und durfte sich Oswald von Wolkenstein zu Recht als die
›Nachtigall‹ seiner Zeit fühlen. Insofern trägt sein
Werk ein wahres Janusgesicht: Formal weist es zurück in die Vergangenheit
des Hochmittelalters, inhaltlich und sprachlich weist es weit voraus in
die Neuzeit.«
Sieglinde Hartmann 2005
»...
ein intensiv gelebtes Leben: Exzessiv, exzentrisch, egoistisch, widersprüchlich,
sinnlich, streitlustig, zynisch, fromm, kreativ, produktiv bis zur Triebhaftigkeit,
stolz, rechthaberisch, anlehnungsbedürftig, neugierig und angefochten.«
Jens Voskamp: »Des Minnesängers Jagd nach
dem Glück«
Kritik zur Nürnberger Uraufführung der Wolkenstein-Oper,
Nürnberger Nachrichten, 8.3.2004
»Was
für ein pralles Leben. Oswald von Wolkenstein: Im Alter von zehn Jahren
wird er Knappe eines fahrenden Ritters, durchzieht halb Europa und Kleinasien,
lässt sich in allen Tugenden und Untugenden des Kriegshandwerks
und der höfischen Künste unterweisen, reibt sich in Erbstreitigkeiten
mit seiner Familie auf, verliert ein Auge, liebt sich durch die bessere Gesellschaft
und den niederen Stand, heiratet und bekommt Nachwuchs wie am Fließband,
verstrickt sich in politische Ränkespiele und sieht die Kerker von innen,
mischt sich in die Machtkämpfe von Fürsten und Bischöfen, wird
handgreiflich gegen Repräsentanten des Klerus. Mitglied von Ordensrichtungen
und Kommissionen, Richter und Kreuzfahrer, Gründer des Elefantenbundes
Tiroler Adliger gegen den Landesherrn, Diplomat und Gesandter, Dichter, Rebell
und Raufbold – das schiere Gegenbild zum höfisch-idealistischen
Walther von der Vogelweide, der ihm als Minnesänger vorausging. 1445
stirbt Oswald mit siebzig, gelebt aber hat er dreimal so viel Jahre.«
Wolfgang Sandner:
»Müder Krieger mit sanftem Hackbrett«
Kritik zur Nürnberger Uraufführung der Wolkenstein-Oper,
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8.3.2004
»Das
Werk Oswalds von Wolkenstein ist so facettenreich wie seine Person. Als bedeutender
Adliger Südtirols und einflußreicher Politiker auf Reichsebene
reist er durch ganz Europa und verkehrt in den höchsten Kreisen, was
sich in seinem Werk niederschlägt. Neben vielen autobiographischen Details
und einem mitunter derben Humor enthalten seine Lieder zahlreiche Einflüsse
aus Italien und Frankreich.«
Marc Lewon in Karfunkel
Nr. 31, 2000
»Die
Lieder Oswalds markieren einen Wandel und gleichzeitig einen Endpunkt höfischer
Adelslyrik. Die wenigsten seiner Lieder entstehen wohl im Auftrag oder für
ein größeres Publikum. [...] Losgelöst von den
Erwartungen der Adelsgesellschaft wird bei Oswald wie bei keinem anderen Liederdichter
zuvor das eigene Leben und Erleben zum Gegenstand des Dichtens. [...] Allenthalben spürt man bei Oswald das Bedürfnis, persönliches
Erleben durch die Hinstilisierung auf übersubjektive Ordnungsmuster aus
seiner Vereinzelung und Zufälligkeit zu erlösen. [...]
... die Rückbindung persönlichen Erlebens in traditionelle
literarische Muster.
[...]
Oswalds
Lieder sind mithin weder eindeutig als neuzeitlich-individualistische ›Erlebnislyrik‹
zu klassifizieren noch als mittelalterlich-überpersönliche exemplarische
Dichtungen. Die Loslösung des Dichters von den engen Bindungen an ein
höfisches Publikum führt zu neuen, subjektiv geprägten Formen
literarischer Äußerung, die aber nicht als Hervorbringungen des
autonomen Schöpfer-Genies mißverstanden werden dürfen.
[...] Gerade dort, wo Oswald traditionelle literarische Muster aufnimmt
und verändert, wird seine eigene poetische Leistung deutlich. Wuchernde
Bildlichkeit und Metaphorik, Worthäufungen, lautmalerische Veränderungen
und Neologismen machen die Sprache selbstbedeutend als artistisches Ausdrucksmittel
und markieren so in der Tat einen einschneidenden Schritt in die neuzeitliche
Autonomie der Dichtung. [...] Oswald von Wolkenstein gehört
zu den Dichtern, deren Kunst zugleich einen Höhepunkt und ein Ende darstellt.«
Thomas Cramer 1990
»Charakteristisch
für die Technik Oswalds, Biographisches in Dichtung zu übertragen,
ist das Weglassen historisch bedeutsamer Fakten bzw. ihre Umwandlung in dichterische
Interpretationen. [...] Oswald von Wolkenstein hat seine Fähigkeiten als
Dichter und Komponist nicht nur fallweise zur Unterhaltung einer Gruppe von
Gleichgesinnten oder Erlebnisgenossen, zum Preis oder zur Schelte mächtiger
Herren genutzt, er betrachtete sie auch als geeignetes Mittel der Selbstdarstellung
und zur Sicherung seines Nachruhms. Oswald hat für die Mit- und Nachwelt
bewußt ein Bild von sich gemacht. Er hat gedichtet und gesungen, damit
er nicht vergessen werde.«
Anton Schwob 1977
»... eine Abenteuer- und Verbrechernatur
von höchstem Interesse«
Samuel Singer, »Die religiöse Lyrik
des Mittelalters«, 1933
»wann
wir deiner gegenwertigkeit in disen landen zu etlichen vnsern sunderlichen geschefften
wol bedúrffen«
König Siegmund in
dem Schreiben, mit dem er Oswald 1432
zu sich zitiert
(zitiert nach Hoensch)